Rechtliche Abwicklung öffentlicher Schutzräume
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) hat mit Wirkung vom 1. September 2020 die Aufgabe der rechtlichen Abwicklung öffentlicher Schutzräume übernommen. Die BImA ist damit zentrale Ansprechpartnerin für alle Fragen zu öffentlichen Schutzräumen.
Historische Schutzraumsituation in Deutschland
Öffentliche Schutzräume
In Westdeutschland standen ursprünglich rund 2.000 öffentliche Schutzräume mit rund 1,6 Mio. Schutzplätzen zur Verfügung.
Zu den öffentlichen Schutzräumen zählen Hoch- und Tiefbunker ebenso wie alte Stollenanlagen. Den zahlenmäßig größten Anteil öffentlicher Schutzräume bildeten allerdings neu errichtete, sogenannte Mehrzweckanlagen. Hierbei handelt es sich um zivile Bauwerke wie Tiefgaragen oder Bahnhöfe, die nach dem Krieg errichtet wurden. Sie wurden so ausgestattet, dass sie nicht nur ihrem eigentlichen Zweck, sondern im Krisenfall auch als Schutzraum für die Bevölkerung dienen konnten.
Öffentliche Schutzräume waren für Personen bestimmt, die sich im Falle des Katastrophenalarms auf der Straße, auf öffentlichen Plätzen und in Verkehrsmitteln befanden. Sie waren also – im Gegensatz zu rein privaten Hausschutz-, Firmenschutz- und militärischen Schutzräumen – nicht einem geschlossenen Benutzerkreis vorbehalten, sondern prinzipiell von jeder Zivilperson nutzbar.
Mit Aufgabe des Schutzbaukonzeptes im Jahr 2007 wurden mehr als 1.400 Anlagen bis zum Beginn des Jahres 2022 (russischer Angriff auf die Ukraine) sukzessive aus der Zivilschutzbindung entlassen. Die technische Instandhaltung und Wartung der Zivilschutzanlagen wurde eingestellt.
Haus- und Schulschutzräume
Die Aufhebung der Zivilschutzbindung und die Rückabwicklung ehemaliger Hausschutz- und Schulschutzräume ist bereits seit dem Jahr 2009 vollständig abgeschlossen.
Aktuelle Schutzraumsituation
Anzahl, Lage, Funktions-/Einsatzfähigkeit, Eigentumsverhältnisse
In Deutschland unterliegen derzeit noch 579 öffentliche Schutzräume mit 477.593 Schutzplätzen der formellen Zivilschutzbindung nach dem ZSKG (Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes).
Diese öffentlichen Schutzräume können allerdings heute infolge der Aufgabe der Wartung und technischen Instandhaltung im Jahr 2007 ihren ursprünglichen Zweck, den Schutz vor den sogenannten CBRN-Gefahren (= chemische, biologische, radiologische und nukleare Gefahren) nicht mehr erfüllen, sie sind weder funktions- noch einsatzbereit. Öffentliche Schutzräume befinden sich ausschließlich in den westlichen Bundesländern (einschließlich Berlin). Im Osten Deutschlands bestehende Schutzräume wurden nach der Wiedervereinigung nicht in das Schutzbaukonzept des Bundes übernommen. Sie unterlagen daher zu keinem Zeitpunkt der Zivilschutzbindung nach dem ZSKG.
Die Mehrzahl der öffentlichen Schutzräume befindet sich in Privateigentum sowie im Eigentum von Kommunen. Der Bund hält in der Regel kein Eigentum an öffentlichen Schutzräumen. Er verfügt allerdings über ein Nutzungsrecht im Rahmen der Zweckbestimmung „Zivilschutz“.
Maßnahmen zum Schutz der Zivilbevölkerung
Bestandsaufnahme, Nationales Schutzraumkonzept, öffentliche Zufluchtsorte
Erklärtes Ziel der Bundesregierung ist es, die Zivilbevölkerung vor den potentiellen Gefahren militärischer Angriffe zu schützen bzw. das Schadensausmaß solcher Angriffe zu verringern.
Bestandsaufnahme
Mit Ausbruch des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI) im März 2022 die BImA und das Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) beauftragt, eine Bestandsaufnahme aller noch gewidmeten öffentlichen Schutzräume (öSR) durchzuführen. Gegenstand der Untersuchung waren insbesondere die Fragen, ob, in welcher Zeit und mit welchem Aufwand die noch gewidmeten öSR wieder funktionstüchtig gemacht werden können.
Diese Bestandsaufnahme wurde planmäßig Ende März 2023 abgeschlossen. Kernaussage des Berichtes vom Mai 2023 ist, dass eine Reaktivierung der 579 noch gewidmeten öffentlichen Schutzräume grundsätzlich möglich ist. Zeit- und Kostenaufwand der Reaktivierung hängen ab von dem Schutzniveau, das die Schutzräume bieten sollen. Der Bericht unterscheidet vier Schutzniveaus, vom Trümmer- und Splitterschutz als geringstem bis hin zu Schutz auch vor atomaren Gefahren (CBRN-Schutz) als höchstem Schutzniveau. Darüber hinaus hat die BImA weitere Maßnahmen vorgeschlagen, die auf eine Erhöhung der Schutzkapazitäten abzielen.
Aktueller Sachstand
Bund und Länder haben sich in der 221. Sitzung der Innenministerkonferenz (Juni 2024) auf wesentliche Grundelemente eines nationalen Schutzraumkonzeptes verständigt. Grundlage dieses Konzeptes bildet ein von BMI, BImA und BBK erstellter Sachstandsbericht zur Entwicklung eines bedarfsgerechten und effizienten Schutzraumkonzeptes.
Sämtliche Überlegungen sind auf dezentrale bauliche Schutzmöglichkeiten für die Bevölkerung ausgelegt. Aufgrund der heute anzunehmenden Szenarien punktueller Angriffe mit kurzen Vorwarnzeiten könnten zentral gelegene öffentliche Schutzräume von den meisten Menschen nicht rechtzeitig erreicht werden. Hinzu kommt, dass große Personenansammlungen in öffentlichen Schutzräumen zu einem Ziel für einen Angreifer werden könnten.
Die Weiterentwicklung und Konkretisierung des Schutzkonzepts erfolgt in einer Arbeitsgruppe von Bund und Ländern. Das Konzept soll u. a. die aktuelle Bedrohungslage wie auch die baulichen Gegebenheiten im Bundesgebiet berücksichtigen. Gemeinsam mit den Ländern werden derzeit die folgenden Eckpunkte weiter ausgearbeitet:
1. Die systematische Erfassung von öffentlichen Gebäuden und privaten Immobilien, die als öffentliche Zufluchtsorte genutzt werden können. Es kommen u. a. Tiefgaragen, U-Bahnhöfe und Kellerräume
in Betracht.
2. Ein auf diesen Daten aufbauendes digitales Verzeichnis, das es Bürgerinnen und Bürgern ermöglicht,
die für sie nächstgelegenen Schutzorte im Bedarfsfall über Warn- und Kartendienste (auch per
Mobiltelefon) zu ermitteln.
3. Handlungsempfehlungen zur niedrigschwelligen Herrichtung schutzbietender Räume in privaten
Kellern.
4. Informationsprodukte zu Schutzmöglichkeiten.
Auf der Grundlage der gemeinsam festgelegten Kriterien, die eine möglichst einfache und schnelle Identifikation geeigneter Bausubstanz ermöglichen sollen, wird in einem ersten Schritt derzeit die Erfassung öffentlicher Zufluchtsorte pilotiert. Anschließend soll die bundesweite Erfassung zügig angestoßen werden.
Zu möglichen Software-Entwicklungen beziehungsweise der Integration der erfassten öffentlichen Zufluchtsorte in bestehende Anwendungen werden Gespräche geführt.
Das BBK wird noch in diesem Jahr Informationen zu Schutzmöglichkeiten bzw. zu einfach umzusetzenden Maßnahmen veröffentlichen, mit denen private Kellerräume zu schutzbietenden Räumen hergerichtet werden können.
Ergänzend erarbeitet das BBK derzeit Konzepte zur erforderlichen Ausstattung öffentlicher Zufluchtsorte, die einen Aufenthalt auch über mehrere Stunden hinaus ermöglicht. Hierzu zählen zum Beispiel Feldbetten und mobile sanitäre Anlagen sowie die Versorgung mit Wasser und Lebensmitteln.
Rechtliche Abwicklung öffentlicher Schutzräume
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) ist seit dem 1. September 2020 für die rechtliche Abwicklung öffentlicher Schutzräume zuständig. Sie ist damit zentrale Ansprechpartnerin des Bundes für alle Fragen zu öffentlichen Schutzräumen.
Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Bürger-Hotline Ihre Fragen zu öffentlichen Schutzräumen beantworten wir Ihnen gerne telefonisch unter +49 (0)228 37787-400 (Mo.-Fr. 8 bis 16 Uhr) |