Bundesforst übernimmt Betreuung von Gelände bei Rodacherbrunn

Ehemalige volkseigene Waldfläche soll Nationales Naturerbe werden

Bonn/Berlin/Wurzbach, 8. März 2022. Die größte noch vorhandene Waldfläche der Bodenverwertungs-und -verwaltungs GmbH (BVVG) wird zukünftig von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) verwaltet. Der Wald soll nun Nationale Naturerbefläche werden. Hintergrund ist, dass die bisher zuständige BVVG-Landesniederlassung Sachsen/Thüringen zum 31. Dezember 2021 geschlossen worden ist. In einer entsprechenden Vereinbarung hat die BVVG die BImA, vor Ort vertreten durch ihren Bundesforstbetrieb Thüringen/Erzgebirge, mit Wirkung vom 1. Oktober 2021 mit der Betreuung des Waldes beauftragt.

Vom Borkenkäfer befallene Fichtenbestände werden von einem sogenannten Harvester gefällt und entastet.

Die überwiegend durch Fichtenbestände geprägte 1.400 Hektar große Waldfläche befindet sich im Thüringer Schiefergebirge zwischen den Ortslagen Grumbach und Rodacherbrunn der Stadt Wurzbach sowie der Landesgrenze zu Bayern. Teilweise ist auch das „Grüne Band“ eingeschlossen – ein gesamtdeutsches Naturschutzprojekt am ehemaligen innerdeutschen Grenzstreifen. Auch die weiteren Flächen des Objektes zeichnen sich durch einen hohen Anteil naturschutzfachlich wertvoller Lebensräume aus. Die Flächen sind aufgrund ihrer Lage im Natura-2000-Gebiet naturschutzrechtlich geschützt. Ein Teil gehört sogar zum besonders streng geschützten Naturschutzgebiet „Jägersruh-Gemäßgrund-Mulschwitzen“. Viele seltene und gefährdete Pflanzen- und Tierarten wie Fischotter, Haselhuhn, Uhu oder Wildkatze sind hier anzutreffen. Auch der Wolf wurde schon gesichtet. Die BVVG wurde 1992 gegründet und ist vom Bund damit beauftragt, die ehemals volkseigenen land- und forstwirtschaftlichen Flächen in den Bundesländern Mecklenburg-Vorpommern, Brandenburg, Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen zu privatisieren. 

Naturschutz im Fokus

Nicht zuletzt deshalb wurden diese Flächen in die Kulisse für das Nationale Naturerbe (NNE) aufgenommen. Hierbei wird das Ziel verfolgt, bundeseigene wertvolle Naturschutzflächen einer dauerhaften naturschutzfachlichen Sicherung zuzuführen. In diesem Sinne soll auch die zukünftige Geländebetreuung erfolgen. Dabei steht die Erhaltung und Entwicklung des nahezu unzerschnittenen großräumigen Waldgebietes, auch als Lebensraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten, im Vordergrund. Perspektivisch ist die Überführung in eine weitgehend natürliche Waldentwicklung vorgesehen. „In den schon heute vorhandenen naturnahen Laubmischwäldern wird das bereits umgesetzt. Bei den Fichtenreinbeständen ist dies allerdings noch nicht möglich. Diese naturfernen Waldbestockungen sollen erst zu strukturreichen Laub- und Mischwäldern mit standortheimischen Baumarten entwickelt werden. Das ist ein sehr langfristiger Prozess, der sicher mehr als eine Generation benötigt", erklärt Udo Millow, der als Betriebsbereichsleiter des Bundesforstbetriebes Thüringen/Erzgebirge für die Betreuung der Fläche zuständig ist.

Mittels eines sogenannten Hordengatters werden Jungbäume vor dem Verbiss durch Reh- und Rotwild geschützt (Fotos: BImA).

Hordengatter statt Drahtzaun 

Hierzu soll der Wald auf natürlichem Wege und durch die Pflanzung von Mischbaumarten wie Buche, Bergahorn oder Tanne „verjüngt” werden. Damit dies gelingt, müssen die jungen Bäume vor dem Verbiss von Reh- und Rotwild geschützt werden. „In einem Pilotprojekt haben wir in Zusammenarbeit mit der Diakoniestiftung Weimar Bad Lobenstein gGmbH Zaunelemente aus Holz herstellen lassen, die auf der Fläche als sogenannte Hordengatter zum Einsatz kommen”, berichtet Udo Millow. Das für die Gatter verwendete Holz wurde im Zuge von Borkenkäferbekämpfungsmaßnahmen in der Naturerbefläche geschlagen und vor Ort im Wald mit einer mobilen Säge zu Holzlatten geschnitten. Diese wurden dann in der naheliegenden Werkstatt für Menschen mit Behinderung in Altengesees zu sogenannten Horden zusammengebaut. Die Vorteile der Hordengatter gegenüber den sonst üblichen Wildschutzzäunen aus energieintensiv hergestelltem Drahtgeflecht mit weiten Transportwegen sind vielfältig. Die regional gefertigten Hordengatter aus Holz weisen eine hervorragende CO2-Bilanz auf. Die Transporte werden auf ein Minimum beschränkt. Rückbau und Entsorgung sind nicht erforderlich. Außerdem senkt die bessere Sichtbarkeit der Zäune das Verletzungsrisiko für das Wild erheblich. Und vor allem: Arbeit und Kapital verbleiben in der Region. 

Maßnahmen gegen Borkenkäfer 

„Die Borkenkäferbekämpfung wird auch zukünftig einen Schwerpunkt der Waldbetreuung durch den Bundesforst einnehmen”, kündigt Dietrich Mackensen, Leiter des Bundesforstbetriebes Thüringen/Erzgebirge an. Stürme, Hitze und Trockenheit der vergangenen Jahre haben die Waldbäume in der Region erheblich geschwächt. Die vielerorts sichtbar abgestorbenen Fichten zeugen von der hierdurch eingetretenen massenhaften Vermehrung des Schädlings. „Eine weitere Ausbreitung soll durch den Einschlag geschädigter Bäume und die Abfuhr des Holzes aus dem Wald verhindert werden. Hier liegt das Augenmerk insbesondere im Grenzbereich zu benachbarten Waldbesitzern”, erläutert Dietrich Mackensen. Dabei entstehende Freiflächen werden im Sinne der vorgesehenen Entwicklung zu Laub- und Mischwäldern mit standortheimischen Baumarten verjüngt.