Wald im Trockenstress

Zweite Fachtagung des Naturerbe-Rates zu den Flächen des Nationalen Naturerbes 

Bonn/Lüneburg/Lübtheen, 25. Oktober 2022. Am 24. und 25. Oktober veranstaltete der Naturerbe-Rat in Lüneburg seine zweite Fachtagung zum Thema „Natürliche Waldentwicklung und Waldbrandprävention in Zeiten des Klimawandels“. Das Nationale Naturerbe (NNE) besteht seit nunmehr 17 Jahren. Seine naturschutzfachlich wertvollen Flächen sind deutschlandweit dauerhaft und ausschließlich dem Naturschutz gewidmet. Um den Austausch und die Vernetzung aller Beteiligten untereinander zu fördern, wurde 2018 der Naturerbe-Rat gegründet. Im Anschluss an die Tagung besuchten die Teilnehmenden das Biosphärenreservat Flusslandschaft Elbe sowie die Lübtheener Heide in Mecklenburg-Vorpommern – eine große Naturerbe-Fläche des Bundes. Vertreter aus Politik, staatlichen Institutionen und Verbänden diskutierten im Rahmen der Veranstaltung über eine natürliche Waldentwicklung und den Waldbrandschutz.

Biosphärenreservat

Das Biosphärenreservat Flusslandschaft Schaalsee-Elbe. Ein besonderer Lebensraum an der ehemaligen innerdeutschen Grenze.

Die Themen auf der Agenda der Fachtagung gestalteten sich dabei aktueller denn je. Die vergangenen Jahre waren sehr niederschlagsarm und zudem überdurchschnittlich warm. Das brachte den Wald in regelrechten Trockenstress. In Zeiten des Klimawandels sind daher der Waldbrandschutz und die langfristige Waldentwicklung zentrale Anliegen. Auf den Flächen des NNE wird die natürliche Waldentwicklung ohne menschliche Eingriffe verfolgt. Die anhaltende Dürre während der Sommermonate erforderte in den vergangenen Jahren neue Wege und moderne Konzepte beim Waldbrandschutz auf NNE-Flächen. Den ersten Tag der Veranstaltung prägten Vorträge, Podiumsdiskussionen und der Austausch von Fachwissen und Erfahrungen zu diesen Themen sowie mögliche Zukunftsperspektiven.

Aus der Fläche in den Saal

Neben Experten des DBU Naturerbes, einer Tochtergesellschaft der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), referierte auch ein Vertreter der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt (NW-FVA). Beschäftigte der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg, der Innenministerkonferenz sowie des Geschäftsbereiches Bundesforst der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) rundeten die Diskussionen mit Berichten aus der Praxis ab. Im Mittelpunkt der Vorträge und Gespräche standen die natürliche Waldentwicklung und die Waldbrandprävention auf wertvollen Naturerbe-Flächen wie beispielsweise der Lübtheener Heide sowie des im Volksmund als „Bombodrom“ bezeichneten ehemaligen Truppenübungsplatz Wittstock in Brandenburg.

Auf Theorie folgt Praxis

Am zweiten Tag besuchten die Teilnehmenden zunächst das Biosphärenreservat Schalsee-Elbe und anschließend die rund 6.200 Hektar große Lübtheener Heide. Diese Naturerbe-Fläche wurde früher militärisch genutzt. Zwischen 1946 und 2013 übten die Streitkräfte der Sowjetunion, der DDR sowie der Bundeswehr auf dem Gelände. Bunkerreste, Erdaufschüttungen und teilweise noch intakte Militärkulissen beheimaten heute seltene Tier- und Pflanzenarten wie den Wiedehopf, den Ziegenmelker, das Silbergras und die Sand-Strohblume. Besonders das durch militärische Nutzung entstandene Mosaik verschiedenster Biotope birgt eine wertvolle Lebensraumvielfalt – und die konnten die Teilnehmenden nun hautnah erleben.

Im Juli 2019 erlangte die Naturerbe-Fläche mit dem größten Waldbrand in der Nachkriegsgeschichte Mecklenburg-Vorpommerns traurige Berühmtheit. Die Exkursion informierte zur natürlichen Waldentwicklung in der Praxis und zeigte die umgesetzten Waldbrand-Schutzmaßnahmen wie beispielsweise Löschwasserbrunnen und Brandschutzstreifen sowie aktiven Waldumbau auf. Dies führte bei den Teilnehmenden zu regen Diskussionen. „Natürlich blicken wir gerade in Zeiten des Klimawandels in die Zukunft. Der Bundesforstbetrieb Trave hat das Waldbrandschutzkonzept für die Lübtheener Heide gemeinsam mit den zuständigen Kommunen, der Biosphärenreservatsverwaltung Flusslandschaft Elbe und dem Land Mecklenburg-Vorpommern weiterentwickelt und ist gut für kommende Dürreperioden gerüstet“, betont der zuständige Bundesforst-Betriebsbereichsleiter Matthias Weber.

Ein Netzwerk als Fundament

Das Nationale Naturerbe vereint eine Vielzahl von Akteuren unter einem Ziel: dem Schutz und Erhalt der wertvollen Naturschutzflächen. In der Vergangenheit oftmals militärisch, im Tagebau oder landwirtschaftlich genutzt, konnten nach Aufgabe der Nutzungen im NNE geschützte Lebensräume mit einer einzigartigen Tier- und Pflanzenvielfalt entstehen. Gunther Brinkmann, Leiter des BImA-Geschäftsbereichs Bundesforst und zugleich Mitglied im Naturerbe-Rat, zeigte sich über den erneuten fachlichen Austausch erfreut: „Der Naturerbe-Rat beschreitet als starkes Netzwerk wichtige Wege, um die gemeinsamen Ziele zu erreichen. Im Fokus steht dabei, die national bedeutsamen Naturschutzflächen nach den Maßgaben des Naturschutzes zu schützen und dabei die Sicherheit für die angrenzenden Kommunen durch vorbeugenden Waldbrandschutz zu sichern. Der fachliche Austausch dazu ist uns dabei ein großes Anliegen.“

Gruppenfoto_Naturerberat

Fachgespräche vor Ort: Einige Mitglieder und Mitarbeiter des Naturerbe-Rates, die an der Tagung und Exkursion teilgenommen haben, tauschten sich über die Themen natürliche Waldentwicklung und Waldbrandschutzkonzepte aus (Bilder: BImA).

Über das Nationale Naturerbe:

Das Nationale Naturerbe umfasst mittlerweile rund 164.000 Hektar naturschutzfachlich wertvolle Flächen. Hierzu zählen ehemals militärisch genutzte Gebiete, das „Grüne Band“ entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze, Areale aus dem DDR-Volksvermögen sowie stillgelegte Braunkohletagebaue in Ostdeutschland. Der Bund überträgt das Nationale Naturerbe unentgeltlich an die Länder, die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) sowie Naturschutzverbände und -stiftungen, um die Flächen dauerhaft dem Naturschutz zu widmen. Ein Teil der Flächen verbleibt als Naturerbe des Bundes im Bundeseigentum.

Der Naturerbe-Rat:

Der Naturerbe-Rat ist ein Zusammenschluss der Hauptakteure im Nationalen Naturerbe, die sich gemeinsam für die Naturerbe-Flächen engagieren. Er wurde auf Anregung des Bundesumweltministeriums gegründet. Der Rat hat sich zwei Schwerpunkte gesetzt: zum einen soll die Kommunikation, der Austausch und die Abstimmung zwischen den einzelnen Akteurinnen und Akteuren im Naturerbe sichergestellt werden. Zum anderen soll das Nationale Naturerbe als bedeutendes, dauerhaftes und akteursübergreifendes Naturschutzprojekt in der Öffentlichkeit weiter bekannt gemacht werden. Der Geschäftsbereich Bundesforst der BImA hat die Geschäftsführung des Naturerbe-Rats übernommen.

Im Naturerbe-Rat sind vertreten:

  • Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz (BMUV)
  • Bundesamt für Naturschutz (BfN)
  • Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA)
  • DBU Naturerbe GmbH (DBU)
  • Deutscher Naturschutzring (DNR)
  • Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung (LANA)
  • Naturschutzstiftungen der Länder